Anonyme Alkoholiker - auf ins Rotlichtmilieu!Inhaltsverzeichnis / IndexEnglish download motorest.pdf ca. 229kB komprimiert für Tintenstrahldrucker Znojmo/Tschechien: Um es gleich vorweg zu sagen: Es ging nicht um einen Einsatz der Heilsarmee. Zuerst kam Post von Gisela. Damit fing es an. Sie lud hochoffiziell zehn handverlesene Anonyme Alkoholiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein, auf Kosten des in München residierenden "AA Interessengemeinschaft e.V." für 10 Tage nach Tschechien zu reisen (26.5.-4.6.2000). Etwa eine Art Bildungsurlaub gefördert mit steuerbegünstigten Mitteln des Vereins?? Schließlich steht in der e.V.-Satzung etwas von "... Betreuung und Unterstützung von Gruppen (Meetings), in denen (Anonyme) Alkoholiker durch gemeinsamen Erfahrungsaustausch, gegenseitigen Zuspruch und gruppendynamische Bestärkung in ihrem Ansinnen unterstützt und gestärkt werden ..."
Doch es kam noch dicker. Statt sich satzungsgemäß mit nützlichen Dingen zu befassen, die der "Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, der Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, insbesondere Alkoholkranker und der Bekämpfung des Alkohol-Mißbrauchs und der Alkoholabhängigkeit" dienen, lud Otto ins Séparée ein. Das ist ein an die Gaststätte grenzendes fensterloses Zimmerchen mit dicht schließender Schiebetür. Dort eröffnete er den Anwesenden, das vereinbarte Programm sei hinfällig und sie sollten sich stattdessen intensiv der Prozeßvorbereitung gegen ein AA-Mitglied widmen, das nach Ansicht des e.V. hochgradig kriminell sei. Dessen Verbrechen besteht darin, aktives Mitglied einer internationalen AA-Gruppe zu sein, die mit Taschenausgaben des Blauen Buches in verschiedenen Sprachen "die ganze Welt überschwemmt" (Originalton AA e.V.).
Jahrelang saß dem Verein Bodo Dombrowski aus Mommenheim vor, der im Januar 1997 dem verblüfften Fernsehpublikum von SWF3 öffentlich erklärte "Für mich gehört das Trinken wie zur Mahlzeit dazu. Ich bin auch kein Abstinenzler." Und in der gleichen Sendung führte er zum Thema AA-Gruppen aus: "Dieses Prinzip wird strikt durchgehalten. Und man praktiziert das eben in einer Offenheit und Ehrlichkeit, daß also derjenige, der einen Rückfall gebaut hat, auch darüber reden kann und reden darf. Und für AA ist das das Normalste, daß jemand einen Rückfall baut. Deshalb gehört ja auch nicht etwa zu einer Mitgliedschaft, die es ja eigentlich nicht gibt, nun nicht etwa der Nachweis, daß man so und so lange trocken ist." Da regte sich bei dem einen oder anderen Zuschauer schon mal der Verdacht "Predigen die vom AA e.V. öffentlich Wasser und trinken (un)heimlich Wein?" Der Verdacht verstärkt sich beim Lesen diverser Schriften, die der AA e.V. für teures Geld unters Volk bringt. Hier eine Kostprobe: "Wir haben keine Doktrin aufrechtzuerhalten. Wir haben keine Mitgliedschaft, die vergrößert werden muß. Wir haben keine Autorität, die gestützt werden muß. Wir haben kein Prestige, keine Macht und keinen Stolz, die befriedigt werden müssen. Und wir haben weder Besitz noch Geld, um die zu streiten sich lohnte. ... Die AA ist bereit, all ihr Wissen und ihre ganze Erfahrung herzuschenken ...Wir meinen damit, daß unsere Prinzipien auf jede Art überall angewandt werden können. Wir wollen daraus kein Monopol nur für uns selbst machen. ... nach einigen Jahren der Überlegung entschied sich unsere Gemeinsame Dienstkonferenz gegen einen solchen Schritt (Anm.: die Eintragung als Körperschaft). Die dramatische Geschichte dieser Debatte und ihr Abschluß findet sich in unserem Buch ,,AA wird mündig". Diese frühen Konferenzen [1952/1953] meinten. daß das Recht, vor Gericht zu klagen, in unserer Hand eine gefährliche Sache sei. Es wurde erkannt, daß eine öffentliche Klage eine öffentliche Auseinandersetzung ist, in die wir uns, wie unsere Tradition sagt, nicht einlassen sollen. Um unsere rechtliche Position zu sichern, hätten wir unsere ganze Gemeinschaft als Gesellschaft eintragen lassen müssen; und niemand wollte unsere spirituelle Lebensweise als Körperschaft eingetragen wissen. Wir waren sicher, darauf vertrauen zu dürfen. daß die AA-Überzeugung, die öffentliche Meinung und Gott selbst in dieser Hinsicht für uns sorgen würden."(Aus: "Zwölf Konzepte für den Weltdienst" in der von der 12. Jährlichen Gemeinsamen Dienstkonferenz der Anonymen Alkoholiker am 26. April 1962 angenommenen Fassung, Herausgeber (c) 1986 Anonyme Alkoholiker deutscher Sprache, gedruckt mit Genehmigung der AAWS Inc, New York (c) 1962) Diese hehren Prinzipien waren nicht allen AA Mitgliedern unbekannt, die im Rotlichthotel E*59 Znojmo weilten. Und so regte sich Protest. Die Gruppe war mehrheitlich der Auffassung für Prozeßvorbereitungen weder qualifiziert noch dazu berechtigt zu sein. Bereits im Vorfeld hatte es seit vielen Jahren harsche Kritik an den unangemessen hohen Kosten für Literatur gehagelt. So auch bei der AA Intergruppe, Olten, am 6.5.2000. Und es war der Hoffnung auf zukünftige "Relativierung" der Mißwirtschaft Nachdruck verliehen worden. Nun wurde der Kassenwart des Schweizerischen AA-Vereins wegen dieses neuerlichen Falls mißbräuchlicher Vergeudung von Vereinsmitteln alarmiert. Schon viele –bis hin zum Frankfurter Generalstaatsanwalt– hatten den AA Vereinsvorstand an die Einhaltung essentieller AA-Prinzipien erinnert. Fristwahrend ging dennoch ein Schriftsatz des Vereinsanwalts Frieder Roth, München, an das Oberlandesgericht Frankfurt, Friedrich-Ebert-Anlage 35. Pikanterweise wurde darin als Entschuldigung für die fehlende Ausarbeitung einer eigenen sachlichen Gegenüberstellung der Buchtextversionen durch den Kläger lediglich "Zeitmangel" angegeben! Spätestens seit 1994 geht der AA e.V. massiv anwaltlich gegen Mitglieder von AA Gruppen und Nichtalkoholiker, ja sogar gegen Firmen vor, um diese in der Ausübung ihrer Hilfstätigkeit für Alkoholiker zu behindern, die der e.V. als Bedrohung seines Monopolanspruchs begreift und behandelt. Seit 1997 werden von ihm Rechtsstreite in der Öffenlichkeit ausgetragen, so daß man schon von einer Prozeßlawine sprechen kann. Zunehmend hat sich darin auch als treibende Kraft die millionenschwere, US-amerikanische AAWS Incorporation, New York, verwickelt. (Zitat:) Unter dem Eindruck unseres Gesprächs im Anschluss an die mündliche Verhandlung hat der Unterzeichner heute noch einmal mit Herrn Rechtsanwalt Frieder Roth die Frage einer außergerichtlichen Regelung erörtert. Herr Kollege Roth zeigte sich skeptisch, da der Verein keinesfalls wolle, dass Außenstehende in seine Publikationspolitik "hineinregieren". Abgesehen davon, daß hier langjährige AA-Mitglieder plötzlich als "Aussenstehende" hingestellt werden, ist diese Äußerung ein weiterer Schlag ins Gesicht der AA-Prinzipien, speziell der Zweiten AA-Tradition, die da lautet "Für den Sinn und Zweck unserer Gruppe gibt es nur eine höchste Autorität - einen liebenden Gott, wie Er sich in dem Gewissen unserer Gruppe zu erkennen gibt. Unsere Vertrauensleute sind nur betraute Diener; sie herrschen nicht." (ra)
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