Kapitel 6: Auf zur Tat

Du hast deine Inventur gemacht, aber was wirst du nun [damit] anfangen? Du hast versucht, eine neue Einstellung, ein neues Verhältnis zu deinem Schöpfer zu gewinnen und die Hindernisse zu entdecken, die dir im Weg liegen. Bestimmte Fehler hast du zugegeben, in groben Zügen hast du festgestellt, worin deine Schwierigkeiten bestehen, du hast in deiner persönlichen Bestandsaufnahme den Finger auf einige wunde Punkte gelegt. Nun müssen diese ausgemerzt werden. Das erfordert eine Aktion von deiner Seite. Wenn du diese Aktion komplett ausgeführt hast, wird das bedeuten, daß du Gott, dir selbst und einem anderen Menschen gegenüber die genaue Natur deiner Fehler eingestanden hast. Das bringt uns zum Fünften Schritt im Genesungsprogramm, das im vorigen Kapitel erwähnt wurde.

Das ist vielleicht schwierig - speziell, deine Fehler mit einem anderen Menschen zu besprechen. Du meinst, du hättest genug geleistet, dir diese Dinge selber einzugestehen, und nun sei es gut damit. Wir bezweifeln das. In unserer alltäglichen Praxis erweist sich immer wieder, daß solch eine einsame Nabelschau unzureichend ist. Wir drängen dich nachdrücklich dazu, viel, viel weiter zu gehen. Aber du wirst wahrscheinlich eher geneigt sein, mit einem anderen Menschen über dich zu sprechen, wenn wir dir gute Gründe dafür bieten können, warum du das tun solltest. Der beste Grund zuerst: Wenn du diese lebenswichtige Stufe überspringst, wirst du das Trinken nicht überwinden können. Wieder und wieder haben Neue versucht, gewisse Dinge aus ihrem Leben für sich zu behalten. Um sich diese demütigende Erfahrung zu ersparen, wandten sie sich einfacheren Methoden zu. Fast ausnahmslos betranken sie sich wieder. Da sie im übrigen Programm weitergearbeitet hatten, wunderten sie sich, warum sie rückfällig geworden waren. Die Antwort ist, daß sie ihr Großreinemachen [housecleaning] niemals zu Ende geführt haben. Sie machten zwar eine gute Inventur, aber konnten sich von einigen der übelsten Artikel am Lager nicht trennen. Sie meinten nur, sie hätten ihren Egoismus und ihre Ängste verloren; sie dachten nur, sie seien demütig geworden. In diesem Sinne jedoch, wie wir es für nötig halten, haben sie erst dann genug über Demut, Furchtlosigkeit und Ehrlichkeit gelernt, wenn sie einem anderen ihre ganzeLebensgeschichte erzählt haben.

Mehr als andere Menschen führt der Alkoholiker ein Doppelleben. Er hat sehr viel von einem Schauspieler. Der Umwelt zeigt er sich in seiner Bühnenrolle. In der sollen ihn seine Mitmenschen sehen. Er möchte ein gewisses Ansehen genießen, weiß aber in seinem Herzen, daß er es nicht verdient.

Dieser Zwiespalt wird noch verstärkt durch das, was er bei seinen Sauftouren anstellt. Gewisse Episoden, an die er sich schwach erinnert, ekeln ihn an, wenn er wieder zur Besinnung kommt. Diese Erinnerungen sind ein Alpdruck. Er zittert bei dem Gedanken, jemand könnte ihn beobachtet haben. Soweit er kann, vergräbt er diese Erinnerungen in sein Unterbewußtsein. Er hofft, daß sie nie wieder ans Tageslicht kommen. Er steht unter ständiger Angst und Spannung. Das treibt ihn dazu, noch mehr zu trinken.

Die Psychologen sind einer Meinung mit uns. Mitglieder unserer Gruppe haben Tausende von Dollars für Untersuchungen bei Psychologen und Psychiatern ausgegeben. Nur in wenigen Fällen haben wir uns den Ärzten gegenüber fair verhalten. Selten haben wir ihnen die ganze Wahrheit erzählt. Wir waren nicht bereit, diesen uns wohlgesinnten Menschen gegenüber ehrlich zu sein, und schon gar nicht gegenüber anderen. Kein Wunder, daß die Mediziner eine so geringe Meinung von Alkoholikern und ihren Genesungsaussichten haben!

Du mußt mit jemand völlig ehrlich sein, wenn du erwartest, in dieser Welt noch lange oder glücklich zu leben. Es ist richtig und natürlich, wenn du gut überlegst, bevor du den oder die Menschen auswählst, mit denen du diesen sehr persönlichen und vertraulichen Schritt tust. Wenn du einer Religion angehörst, bei der die Beichte vorgeschrieben ist, mußt und willst du natürlich zu den entsprechend befugten Autoritäten [den Priestern, Pfarrern oder Seelsorgern] gehen, deren Pflicht es ist, die Beichte abzunehmen. Auch wenn du keine religiöse Bindung hast, tust du gut daran, mit jemandem zu reden, der von einer der bestehenden Religionen ordiniert [d.h. dazu eingesetzt] ist. Solche Menschen erfassen und verstehen dein Problem oft sehr schnell. Natürlich begegnen uns auch Pfarrer, die kein Verständnis für Alkoholiker haben.

Wenn du das nicht kannst oder lieber nicht willst, suche in deinem Bekanntenkreis nach einem verschwiegenen, verständnisvollen Freund. Vielleicht ist dein Arzt oder Psychologe der richtige Mann. Es kann jemand aus deiner eigenen Familie sein, aber du solltest deiner Frau oder deinen Eltern nicht Dinge enthüllen, die sie verletzen oder unglücklich machen würden. Du hast kein Recht, deine eigene Haut auf Kosten anderer zu retten. Solche Teile deiner Geschichte solltest du jemand erzählen, der dafür Verständnis hat, selbst aber nicht davon betroffen ist. Die Regel lautet, daß du stets hart gegen dich selbst, aber immer rücksichtsvoll gegenüber anderen sein mußt.

Ungeachtet des großen Erfordernisses, dich jemandem mitzuteilen, könntest du in einer Lage sein, in der kein passender Gesprächspartner vorhanden ist. Wenn es so ist, kann dieser Schritt aufgeschoben werden, jedoch nur dann, wenn du völlig bereit bist, ihn bei der ersten Gelegenheit nachzuholen. Wir sagen das, weil wir sehr darauf bedacht sind, daß du mit dem richtigen Menschen sprichst. Es ist wichtig, daß er die Verschwiegenheit [das Beichtgeheimnis] wahrt; daß er dein Vorhaben versteht und billigt und nicht versucht, dich von deinem Plan abzubringen. Aber benutz' das nicht als billige Ausrede, um das Gespräch auf die lange Bank zu schieben.

Wenn du dich entscheidest, wer deine Geschichte anhören soll, vergeude keine Zeit. Nimm deine schriftliche Inventur und mach' dich auf ein langes Gespräch gefaßt. Erkläre deinem Gesprächspartner, was du vorhast und warum du es tun mußt. Er soll ruhig wissen, daß es für dich dabei um Leben und Tod geht. Die meisten Menschen, auf die du mit diesem Anliegen zugehst, werden gern helfen; dein Vertrauen ehrt sie.

Steck' deinen Stolz in die Tasche und geh' es an! Leuchte jeden Winkel deines Charakters und jede dunkle Ecke deiner Vergangenheit aus. Wenn du einmal diesen Schritt getan und dabei nichts unterschlagen hast, wirst du erleichtert, ja entzückt sein [delighted]. Du kannst aller Welt wieder in die Augen schauen. Du kannst allein sein und in vollkommenem Frieden - mit Leichtigkeit [ease]. Deine Ängste fallen von dir ab. Du beginnst, die Nähe deines Schöpfers zu spüren. Du hast vielleicht bisher bestimmte spirituelle Ansichten für richtig gehalten, aber jetzt beginnst du selbst, spirituelle Erlebnisse zu haben. Es wird das starke Gefühl kommen, daß das Trinkproblem verschwunden ist. Du wirst wissen, daß du dich auf dem lichthellen Höhenweg befindest und Hand in Hand mit dem Geist des Universums gehst.

Nach Hause zurückgekehrt, zieh' dich für eine Stunde an einen ruhigen Ort zurück. Laß alles, was du getan hast, noch einmal vor deinem geistigen Auge vorüberziehen. Danke Gott von ganzem Herzen, daß du Ihn jetzt besser kennst. Nimm' dieses Buch von deinem Bücherregal herunter und schlag' die Seite mit den Zwölf-Schritten auf [S.68]. Lies sorgfältig die ersten fünf Vorschläge [proposals] und frage dich, ob du irgendwas ausgelassen hast. Denn du baust die Treppe zu dem Tor, durch das du schließlich als freier Mensch gehen wirst. Hast du für deinen Teil bisher solide Arbeit geleistet? Sind die Steine richtig gesetzt? Hast du beim Fundament an Zement gespart? Hast du versucht, Mörtel ohne Sand zu mischen?

Wenn du mit den Antworten zufrieden bist, dann nimm dir den Sechsten Schritt vor. Wir haben betont, daß Bereitwilligkeit unerläßlich ist. Bist du jetzt vollkommen bereit, von Gott all' die Dinge beseitigen zu lassen, von denen du zugegeben hast, daß sie dir hinderlich sind? Kann Er jetzt alles nehmen - jedes einzelne dieser Dinge? Wenn du dich immer noch an etwas klammerst, das du nicht loslassen willst, erbitte Gottes Hilfe, um willig zu sein.

Wenn du bereit bist, sage etwa folgendes: "Mein Schöpfer, ich bin nun willig, daß Du alles von mir haben sollst, Gutes und Schlechtes. Ich bete, daß Du jetzt von mir jeden einzelnen Charakterfehler entfernst, der meiner Nützlichkeit für Dich und meine Mitmenschen im Wege steht. Gib mir Stärke, wenn ich von hier hinausgehe, um Deine Gebote zu tun. Amen." Damit hast du den Siebenten Schritt vollendet [completed].

Jetzt ist noch mehr Aktion nötig, denn "der Glaube ohne Taten ist tot". Betrachte die Schritte Acht und Neun. Du hast eine Liste aller Personen, denen du geschadet hast und denen gegenüber du bereit bist, alles wiedergutzumachen. Du hast diese Liste schon geschrieben, als du bei dir die Inventur vornahmst. Du unterzogst dich einer drastischen Einschätzung deiner Ich- Person. Nun mußt du zu deinen Mitmenschen hingehen und die Zerstörungen reparieren, die du in der Vergangenheit angerichtet hast. Du mußt den Müll entsorgen, den du während deiner Anstrengungen angehäuft hast, nach deinem Eigenwillen zu leben und die ganze Show allein auszurichten. Wenn du nicht den Willen hast, das zu tun, bitte so lange, bis er kommt. Erinnere dich daran, daß du am Anfang damit einverstanden warst, alles auf dich zu nehmen*, um den Alkohol zu besiegen [* wörtl.: go to any length - wie weit auch immer zu gehen].

Wahrscheinlich hast du noch ein paar Zweifel. Wir können dir helfen, sie zu zerstreuen. Wenn du auf die Liste deiner Bekannten aus dem Berufsleben und deiner Freunde schaust, die du verletzt hast, zögerst du vielleicht, dich mit einigen auf der Grundlage deiner spirituellen Erneuerung zu unterhalten. Nur mit der Ruhe: Bei einigen Leuten brauchst du nicht - und solltest du vielleicht auch nicht - gleich beim ersten Mal die spirituelle Seite deines Vorgehens betonen. Du könntest sie voreingenommen machen. Im Augenblick geht es darum, dein Leben in Ordnung zu bringen. Aber das allein ist noch kein Ziel. Deine eigentliche Aufgabe besteht darin, dich fit zu machen, um für Gott und deine Mitmenschen in höchstem Maße dienlich zu sein. Es ist selten klug, jemand aufzusuchen, der noch unter dem Unrecht leidet, das du ihm angetan hast, nur um ihm mitzuteilen, daß du dein Leben Gott übergeben hast. Das hieße mit der Tür ins Haus fallen. Warum solltest du dich leichtfertig als Fanatiker oder religiösen Langweiler abstempeln lassen? Damit zerstörst du dir vielleicht die Möglichkeit, zu späterer Zeit eine nützliche Botschaft weiterzugeben. Aber dein Gegenüber ist sicher beeindruckt von deinem aufrichtigen Wunsch, Unrecht in Ordnung zu bringen. Er wird mehr an einem Beweis deines guten Willens interessiert sein als an deinem Bericht über spirituelle Entdeckungen.

Das soll dir aber nicht als Ausrede dienen, um dich vor dem Thema Gott zu drücken. Wenn es einem guten Zweck dient, sollst du bereit sein, deine Überzeugungen taktvoll und vernünftig zu vertreten. Die Frage, wie du zu einem Menschen hingehen kannst, der dir verhaßt war, wird sich stellen. Es kann sein, daß er dich mehr verletzt hat als du ihn. Obwohl du eine bessere Einstellung ihm gegenüber gefunden hast, bist du immer noch nicht gerade erpicht darauf, ihm deine Fehler einzugestehen. Trotzdem! Bei einem Menschen, den du nicht magst, raten wir dir, eben die Zähne zusammenzubeißen. Solch ein Mensch ist das ideale Übungsfeld, um deine neuen Grundsätze zu praktizieren. Erinnere dich daran, daß er - so wie du - spirituell ein Kranker ist. Geh' zu ihm im Geiste der Hilfsbereitschaft und der Vergebung. Bekenne ihm auf jeden Fall deine früheren kranken Gefühle und bringe dein Bedauern darüber zum Ausdruck.

Unter keinen Umständen solltest du so einen Menschen kritisieren oder dich zu einem Streit hinreißen lassen. Sage einfach, dir sei klar, daß du nie von der Trinkerei loskommst, bevor du nicht dein Möglichstes getan hast, um deine Vergangenheit in Ordnung zu bringen. Du bist dort, um vor der eigenen Tür zu kehren, aus der Erkenntnis heraus, daß du so lange nicht wirklich weiterkommst bis du es tust. Versuche nie, ihm zu sagen, was er tun sollte. Seine Fehler stehen nicht zur Diskussion. Bleib' bei deinen eigenen. Wenn du ruhig, offen und ehrlich bist, wirst du mit dem Resultat zufrieden sein.

In neun von zehn Fällen geschieht das Unerwartete. Manchmal gibt derjenige, zu dem du sprichst, seine eigene Schuld zu. So werden jahrelange Fehden in einer Stunde beigelegt. Nur selten sind all deine Bemühungen erfolglos. Oft erkennen deine früheren Feinde das, was du tust, hoch an und wünschen dir Glück. Manchmal werden sie dir sogar Schulden erlassen oder dir anderweitig ihre Hilfe anbieten. Jedoch sollte es dir auch nichts ausmachen, wenn dich jemand hinauswirft. Du hast deinen guten Willen gezeigt und deinen Teil getan. Da ist dann eben nichts zu machen.

Die meisten Alkoholiker haben Schulden. Geh' deinen Gläubigern nicht aus dem Wege. Sage ihnen, was du im Augenblick zu erreichen versuchst. Verheimliche nicht, daß du getrunken hast. Meistens wissen sie es ja ohnehin, ob du es nun wahrhaben willst oder nicht. Die Theorie, daß dir dadurch finanzielle Nachteile entstehen könnten, sollte dich niemals davon abhalten, dich offen zu deinem Alkoholismus zu bekennen. Wenn du das bei deiner Vorgehensweise beherzigst, kann dich selbst ein sonst unbarmherziger Gläubiger manchmal angenehm überraschen. Vereinbare den bestmöglichen Rückzahlungsmodus und laß diese Leute wissen, wie leid es dir tut, daß dein Trinken dich zu einem langsamen Zahler gemacht hat. Du mußt deine Angst vor Gläubigern verlieren, egal wie weit du dafür gehen mußt, denn du bleibst dem Trinken verhaftet, solange du Angst hast, ihnen gegenüberzutreten.

Vielleicht hast du eine Straftat begangen, die dich ins Gefängnis bringen würde, sollte sie den zuständigen Autoritäten bekannt werden. Vielleicht hast du Geld unterschlagen und kannst es nicht ersetzen. Im Vertrauen hast du das bereits einem anderen Menschen mitgeteilt. Du bist aber sicher, ins Gefängnis zu müssen oder deine Stelle zu verlieren, wenn es bekannt würde. Vielleicht handelt es sich auch nur um ein kleineres Vergehen wie eine gefälschte Spesenabrechnung. Die meisten von uns haben so etwas schon getan. Vielleicht bist du geschieden und hast wieder geheiratet, bist aber den Unterhaltsverpflichtungen an die erste Frau nicht nachgekommen. Sie ist empört und legt Rechtsmittel gegen dich ein, bis hin zur Pfändung und zum Haftbefehl. Auch solchen Ärger gibt es häufig.

Obwohl Wiedergutmachung [reparation] in vielerlei Formen möglich ist, gibt es einige allgemeine Grundsätze, die wir für maßgeblich halten. Erinnere dich an deine Entscheidung, wie weit auch immer zu gehen [alles zu tun], um zu einer spirituellen Erfahrung zu finden. [Remind yourself that you have decided, to go to any length to find a spiritual experience.] Bitte darum, daß du die Stärke und Führung [strength and direction] bekommst, um das Richtige zu tun, ohne Rücksicht auf die persönlichen Folgen. Vielleicht verlierst du deine Stellung oder deinen Ruf oder kommst ins Gefängnis. Dennoch bist du bereitwillig. Du mußt es sein. Du darfst vor nichts zurückschrecken.

Gewöhnlich sind jedoch auch andere Menschen in deine Geschichte verwickelt. Deshalb darfst du nicht übereilt den törichten Märtyrer spielen, der unnötig andere mit ans Messer liefert, um seine Seele vor der Hölle des Alkohols zu erretten. Ein Mann, den wir kennen, hatte wieder geheiratet. Weil er noch sauer auf seine erste Frau war und wegen seines Trinkens, war er ihr den Unterhalt schuldig geblieben. Darüber war sie wütend. Vor Gericht erwirkte sie einen Haftbefehl gegen ihn. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits mit unserer Lebensführung [way of life] begonnen, hatte seine berufliche Stellung gesichert und konnte den Kopf gerade wieder über Wasser halten. Es wäre beeindruckend mutig gewesen, wenn er zum Richter gegangen wäre und gesagt hätte: "Hier bin ich."

Wir meinten zwar, er müsse notfalls auch dazu bereit sein. Wenn er aber im Gefängnis säße, könnte er für keine der beiden Familien sorgen. Wir schlugen ihm vor, seiner ersten Frau zu schreiben, seine Fehler zuzugeben und sie um Verzeihung zu bitten. Das tat er und schickte auch einen kleinen Geldbetrag. Er erklärte ihr, was er versuchen würde, in Zukunft für sie zu tun. Er sei auch vollkommen bereit, ins Gefängnis zu gehen, wenn sie darauf bestehe. Natürlich bestand sie nicht darauf, und die ganze Angelegenheit ist seit langem geregelt.

Bevor drastische Aktionen andere Leute in Mitleidenschaft ziehen, sollten diese konsultiert werden [they should be consulted]. Jedoch kannst du dich vor jenem letzten Schritt nicht drücken, wenn er klar angezeigt erscheint. Nutze jede Möglichkeit, um weitreichende [Folge-]Schäden zu vermeiden. Falls, nachdem du Rat gesucht, die Mitbetroffenen konsultiert und Gott um Führung gebeten hast, keine andere gangbare und ehrenvolle Lösung auftaucht als die drastischste, dann mußt du diese (bittere) Medizin schlucken. Vertraue darauf, daß am Ende das Richtige dabei herauskommen wird.

Das erinnert an die Geschichte eines unserer Freunde. In seiner Trinkerzeit nahm er von einem verhaßten Geschäftsrivalen eine größere Summe an, ohne dafür eine Quittung auszustellen. Später leugnete er, das Geld erhalten zu haben, und nutzte den Vorfall, um den anderen in Mißkredit zu bringen. So zerstörte er durch seine Gemeinheit auch noch den Ruf des anderen. Tatsächlich war sein Rivale ruiniert.

Er hatte das Gefühl, daß er etwas falsch gemacht hatte, was sich wahrscheinlich nicht mehr richtigstellen ließ. Wenn er die alte Geschichte wieder aufwärmte, würde das mit Sicherheit den guten Ruf seines (jetzigen) Geschäftspartners zerstören, seine Familie mit Schmach und Schande beflecken und ihm selbst die Existenzgrundlage entziehen. Welches Recht hatte er, Menschen mit hineinzuziehen, die von ihm abhängig waren? Wie konnte er möglicherweise durch eine öffentliche Erklärung seinen einstigen Rivalen entlasten?

Er kam zu dem Schluß, daß es besser sei, dieses Risiko zu wagen, als vor seinem Schöpfer zu stehen mit der Schuld, einen anderen durch eine Verleumdung ruiniert zu haben. Er erkannte, daß er alle Folgen, die daraus entstehen würden, in Gottes Hand legen müsse; sonst würde er bald wieder mit dem Trinken anfangen, und dann wäre alles sowieso verloren. Seit langen Jahren besuchte er erstmals wieder einen Gottesdienst. Nach der Predigt stand er ruhig auf und gab eine Erklärung ab. Sein Tun fand allgemeine Zustimmung, und heute ist er einer der vertrauenswürdigsten Bürger seiner Stadt. Das alles liegt nun drei Jahre zurück.

Vermutlich hast du auch zu Hause ernstliche Schwierigkeiten. Vielleicht hast du dich in einer Art mit Frauen verwickelt, die du ungern an die große Glocke gehängt wissen möchtest. Wir bezweifeln, daß Alkoholiker in dieser Hinsicht grundsätzlich schlimmer sind als andere Leute. Aber das Trinken kompliziert die sexuellen Beziehungen zu Hause. Nach ein paar Jahren an der Seite eines Alkoholikers ist eine Ehefrau verbraucht, verbittert und verschlossen. Wie könnte sie auch anders sein? Der Ehemann fängt an, sich einsam zu fühlen und sich zu bemitleiden. Er beginnt, in Nachtlokalen und anderen zweifelhaften Etablissements nebst dem Alkohol noch etwas anderes zu suchen. Vielleicht hast du ein heimliches und aufregendes Verhältnis mit "der Frau, die dich versteht". Fairerweise müssen wir zugeben, daß sie dich vielleicht wirklich versteht, aber was ändert das an der verfahrenen Sache? Einen Mann in einer derartigen Situation packen zeitweise starke Reuegefühle, besonders dann, wenn er mit einer treuen und tapferen Frau verheiratet ist, die für ihn buchstäblich durch die Hölle ging.

Wie auch immer - irgend etwas muß jetzt geschehen. Wenn du sicher bist, daß deine Frau nichts weiß, solltest du es ihr sagen? Nicht immer, meinen wir. Wenn sie eine Ahnung hat, daß du fremdgegangen bist, solltest du es ihr dann in allen Einzelheiten erzählen? Auf jeden Fall solltest du deine Schuld zugeben. Es ist möglich, daß sie darauf besteht, alle Einzelheiten zu erfahren. Sie will wissen, wer jene andere Frau ist und wo diese wohnt. Wir haben das Gefühl, du solltest ihr darauf antworten, daß du kein Recht hast, eine andere Person mit hineinzuziehen. Was du getan hast, tut dir leid; und mit Gottes Hilfe soll es nicht wieder geschehen. Mehr kannst du nicht tun. Du hast kein Recht, weiter zu gehen. Obwohl es berechtigte Ausnahmen gibt und wir keine Regeln irgendwelcher Art festschreiben wollen, haben wir gefunden, daß das oft der beste Weg ist.

Unsere Empfehlungen zielen nicht nur in eine Richtung: sie gelten gleichermaßen für Mann und Frau. Wenn du vergessen kannst, kann sie es auch. Es ist jedoch immer besser, nicht unnötigerweise eine Person beim Namen zu nennen, auf die sich dann natürlich ihre Eifersucht konzentrieren kann. Es gibt einige Fälle, in denen uneingeschränkte Offenheit erforderlich ist. Vielleicht ist dein Fall einer davon. Kein Außenstehender kann eine solch intime Angelegenheit beurteilen. Es kann wohl sein, daß ihr beide beschließt, mit Vernunft und Liebe Vergangenes vergangen sein zu lassen. Ihr könntet deshalb beten und dabei das Glück des anderen an die erste Stelle setzen. Dabei mußt du dir immer vor Augen halten, daß du es hier mit der schrecklichsten aller menschlichen Gefühlsregungen zu tun hast, mit der Eifersucht. Taktisch klüger ist es vielleicht, das Problem von der Seite anzugehen, als einander frontal zu bekämpfen. Das mußt du allein mit deinem Schöpfer entscheiden.

Auch wenn du keine solchen Schwierigkeiten hast, gibt es zu Hause noch genug zu tun. Manchmal hören wir einen Alkoholiker sagen, er brauche weiter nichts zu tun, Hauptsache er sei trocken. [Sometimes we hear an alcoholic say that the only thing he needs to do is to keep sober.] Selbstverständlich muß er trocken bleiben, denn sonst wird er überhaupt kein Zuhause mehr haben. Aber er ist noch weit davon entfernt, an seiner Frau oder seinen Eltern, die er jahrelang auf so schockierende Art schlecht behandelt hat, wiedergutzumachen. Die Geduld, die Mütter und Ehefrauen für Alkoholiker aufgebracht haben, liegt jenseits aller Vorstellungskraft. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätten viele von uns heute kein Heim mehr und wären wahrscheinlich tot.

Der Alkoholiker ist wie ein Wirbelsturm, er fegt auf seinem Weg rücksichtslos durch das Leben anderer. Herzen werden gebrochen. Innige Beziehungen gehen in die Brüche. Zuneigungen werden zerstört. Egoistische und rücksichtslose Gewohnheiten halten das Familienleben in Aufruhr. Wir meinen, ein Mensch ist gedankenlos, wenn er sagt, daß Trockenheit genug sei. Er ist wie ein Farmer, der aus dem Tornado-Schutzbunker kriecht, sein Haus zerstört vorfindet, und zu seiner Frau sagt: "Ich sehe nicht, was hier schlimm sein soll, Schatz?! Ist doch Klasse!? Hauptsache, der Orkan hat aufgehört."

Ja, vor dir liegt eine Menge Wiederaufbauarbeit, die viel Zeit beanspruchen wird. Du mußt die Sache selbst in die Hand nehmen. Mit einem reuevollen Murmeln, daß es dir leid tut, werden die offenen Rechnungen nicht bezahlt. Du solltest dich mit deiner Familie zusammensetzen und die Vergangenheit, wie du sie heute siehst, ganz offen durchleuchten. Achte sorgfältig darauf, die Familienangehörigen dabei nicht zu kritisieren. Gehe niemals auf ihre Fehler ein. Sie mögen offenkundig sein, aber höchstwahrscheinlich ist dein eigenes Handeln dafür mitverantwortlich. Also bring' die häuslichen Verhältnisse mit der Familie ins Reine, bitte jeden Morgen in der Meditation deinen Schöpfer darum, dir den Weg der Geduld, der Toleranz, der Freundlichkeit und der Liebe zu zeigen.

Ein spirituelles Leben ist keine Theorie. Du mußt es leben. Abgesehen von dem Fall, daß deine Familie den Wunsch äußert, ebenfalls nach spirituellen Prinzipien zu leben, solltest du sie damit in Ruhe lassen. Du solltest ihnen nicht unablässig von spirituellen Dingen erzählen. Sie werden sich ändern, wenn die Zeit dafür reif ist. Dein Verhalten wird sie mehr überzeugen als die schönsten Worte. Denke daran, daß zehn oder zwanzig Jahre an der Seite eines Alkoholikers aus jedem einen Skeptiker machen.

Es mag einige Fehler geben, die du nie völlig wiedergutmachen kannst. Sorge dich darum nicht, solange du dir ehrlich sagen kannst, daß du wiedergutmachen würdest, wenn du könntest. Manche Leute kannst du nicht aufsuchen - dann schick' ihnen einen aufrichtigen Brief. In einigen Fällen mag es triftige Gründe geben, die Wiedergutmachung aufzuschieben. Wenn du es aber vermeiden kannst, dann schiebe nichts auf die lange Bank. Sei einfühlsam, taktvoll und rücksichtsvoll. Sei demütig, ohne unterwürfig und kriecherisch zu sein. Als einer von Gottes Leuten stehst du aufrecht und kriechst vor niemandem im Staube.

Wenn du in diesem Abschnitt deiner Entwicklung [Schritte 1 bis 9] sehr gewissenhaft bist, wirst du verblüfft sein, noch bevor du den Weg zur Hälfte zurückgelegt hast. Du wirst eine neue Freiheit und ein neues Glück kennenlernen. Du wirst die Vergangenheit weder beklagen noch die Tür hinter ihr zuschlagen wollen. Du wirst verstehen, was das Wort Glückseligkeit bedeutet, und erfahren, was Frieden ist. Wie tief du auch gesunken warst, du wirst merken, daß andere aus deinen Erfahrungen Nutzen ziehen können. Das Gefühl der Nutzlosigkeit und des Selbstmitleids wird verschwinden. Du wirst das Interesse an selbstsüchtigen Dingen verlieren, das Interesse an deinen Mitmenschen wird wachsen. Dein Egoismus wird dahinschmelzen. Deine ganze Einstellung zum Leben und deine Erwartungen werden sich ändern. Angst vor den Menschen und vor wirtschaftlicher Ungewißheit werden schwinden. Du wirst intuitiv wissen, wie Situationen zu handhaben sind, die dich früher umgeworfen haben. Plötzlich wird dir bewußt, daß Gott für dich das tut, was du für dich selbst nicht tun konntest.

Du sagst, das seien extravagante Versprechungen? So ist es nicht. Unter uns gehen sie in Erfüllung - manchmal schneller, manchmal langsamer. Sie werden in dir in Erscheinung treten [manifest], wenn du dafür wirkst und arbeitest!

Dieser Gedanke bringt uns zum Zehnten Schritt, der empfiehlt, daß du weiterhin persönliche Inventur machst und neue Fehler immer wieder korrigierst, sobald sie auftreten. Du hast diesen Lebensweg mutig beschritten, als du mit der Vergangenheit aufgeräumt hast. Du bist in die Welt des Geistes eingetreten. Jetzt ist es an dir, tieferem Verständnis und höherer Effektivität entgegenzuwachsen [wie die Blume dem Licht]. Das geht nicht über Nacht. Du solltest das dein ganzes weiteres Leben lang tun. Hüte dich weiterhin vor Egoismus, Unehrlichkeit, Groll und Angst. Wenn diese Gefühle wieder aufkommen, dann bitte Gott sofort, dich von ihnen zu befreien. Sprich baldmöglichst mit jemand anderem darüber. Mach' es schnell wieder gut, wenn du jemandem Schaden zugefügt hast. Dann richte deine Gedanken entschlossen [resolutely] auf einen Menschen, dem du helfen kannst. Unsere Parole heißt: Liebe und Toleranz.

Du hast aufgehört, gegen alles und jeden zu kämpfen - selbst gegen den Alkohol. Denn inzwischen hast du deine [geistige] Gesundheit wiedererlangt. Nur noch selten bist du interessiert an Alkohol. Wenn das Glas in Reichweite kommt, schreckst du davor zurück wie vor einer heißen Flamme. Das ist eine gesunde und normale Reaktion. Dabei stellst du fest, daß das ganz automatisch geschieht. Du wirst sehen, daß deine neue Einstellung zum Alkohol dir geschenkt wurde - ohne irgendeinen Gedanken oder eine Anstrengung von deiner Seite. Es kommt einfach. [Es ist dir in Fleisch und Blut übergegangen.] Das ist das Wunder dabei. Weder kämpfst du dagegen an noch gehst du der Versuchung aus dem Weg. Du hast das Gefühl, daß du auf neutralen Boden verpflanzt worden bist. Du fühlst dich sicher und geschützt. Und dabei hast du nicht einmal dem Alkohol abgeschworen. Statt dessen wurde das Problem einfach von dir genommen. Es existiert nicht mehr für dich. Du bist weder überheblich noch bist du ängstlich. Das ist unsere Erfahrung. So reagieren wir, solange wir uns spirituell fit halten.

Es ist leicht, das spirituelle Aktions-Programm zu vernachlässigen und dich auf deinen Lorbeeren auszuruhen. Wenn du das tust, rennst du direkt in dein Unglück, denn Alkohol ist ein heimtückischer Feind. Wir sind nicht vom Alkoholismus kuriert. Was wir real haben, ist eine auf den Tag bemessene Gnadenfrist. Jeden Tag aufs neue mußt du die Vision des göttlichen Willens in alle deine Aktivitäten hineintragen: "Wie kann ich Dir am besten dienen - Dein Wille (nicht meiner) geschehe!" Das sind Gedanken, die dich ständig begleiten müssen. In dieser Richtung kannst du deine Willenskraft trainieren, soviel du willst. Das ist der richtige Gebrauch des Willens.

Viel ist schon darüber gesagt worden, wie man Stärke, Eingebung [inspiration] und Führung [direction] von Ihm erhält, der alles weiß und allmächtig ist. Wenn du den Anweisungen [directions] sorgfältig gefolgt bist, fühlst du allmählich, wie Sein Geist in dich hineinströmt. Bis zu einem gewissen Grad bist du gottesbewußt geworden. Du hast angefangen, diesen lebenswichtigen, sechsten Sinn zu entwickeln. Aber du mußt noch weitergehen. Und das bedeutet mehr Arbeit [action].

Der Elfte Schritt empfiehlt Gebet und Meditation. Vor dem Beten brauchst du dich nicht zu genieren. Bessere Menschen als wir machen ständig Gebrauch davon. Es funktioniert, wenn du die richtige Einstellung dazu hast und weiter daran arbeitest. Es wäre einfach, sich um dieses Thema herumzumogeln. Wir glauben jedoch, einige konkrete und wertvolle Ratschläge geben zu können.

Wenn du morgen früh aufwachst, dann schaue zurück auf Ereignisse des vorigen Tages. [später geändert in: Vor dem Einschlafen gehen wir die Ereignisse des Tages in Gedanken durch]. Warst du wütend, egoistisch, unehrlich oder ängstlich? Mußt du dich bei jemandem entschuldigen? Hast du etwas für dich behalten, was du sofort mit jemandem besprechen solltest? Warst du allen gegenüber freundlich und liebevoll? Was hättest du besser machen können? Dachtest du meist nur an dich selbst? Oder dachtest du daran, was du für andere tun und was du in den Strom des Lebens einbringen könntest? Nachdem du das Gestern angeschaut hast, bitte Gott um Vergebung für jedweden Fehler. Bitte, daß du gezeigt bekommst, was zu tun ist. Wenn du jeden Tag danach lebst, bleibst du clean [sauber, nüchtern].

Als nächstes denke an die 24 Stunden, die vor dir liegen. Zieh' deine Pläne für den Tag in Betracht. Bevor du damit beginnst, bitte Gott, deine Gedanken zu leiten. Besonders bitte darum, daß dein Denken frei bleibt von Selbstmitleid, Unehrlichkeit und selbstsüchtigen Motiven. Dann fahre fort und benutze deinen "gesunden Menschenverstand". Es ist nichts Schwieriges oder Mysteriöses daran. Gott gab dir die kleinen, grauen Hirnzellen [brains], damit du sie auch benutzt. Reinige dein Denken von falschen Motiven, und dein gedankliches Leben wird auf eine viel höhere Ebene versetzt.

Wenn du deinen Tagesplan durchdenkst, kann es sein, daß du Unentschlossenheit feststellst. Es kann sein, daß du die Richtung nicht bestimmen kannst, die du einschlagen sollst. Hier bittest du Gott um Eingebung [inspiration], um einen intuitiven [einleuchtenden] Gedanken oder um eine Entscheidung [decision]. Entspanne dich und nimm es leicht [Relax and take it easy]. Kämpfe nicht. Bitte Gott um Hilfe. Du wirst erstaunt sein, wie die richtigen Antworten kommen, wenn du es ein paar Tage so praktiziert hast. Was erst nur eine Ahnung oder eine gelegentliche Eingebung war, wird allmählich ein wirksamer Bestandteil deines Bewußtseins [mind]. Noch unerfahren und gerade erst dabei, deinen Kontakt mit Gott zu knüpfen, ist nicht damit zu rechnen, daß du jederzeit göttlich inspiriert [divinely inspired] werden wirst. Das wäre ein gerüttelt Maß an Einbildung, für das du mit allerlei törichten Ideen und Handlungen bezahlen müßtest. Dennoch wirst du es erleben, wie dein Denken sich im Laufe der Zeit mehr und mehr auf der Ebene von Inspiration und göttlicher Führung bewegt. Du wirst dich darauf verlassen können. Das ist weder unheimlich noch verrückt. Die meisten Psychologen halten diese Methoden für ausgesprochen gesund.

Im allgemeinen solltest du die stille Zeit der Meditation mit einem Gebet beschließen, in dem du darum bittest, daß dir den Tag über gezeigt wird, was dein nächster Schritt sein soll, und daß Er dir gibt, was immer du brauchst, um dich jedweder Situation annehmen zu können. Bete besonders für Freiheit vom Eigenwillen. Hüte dich davor, etwas nur für dich selbst zu erbitten. Das kannst du allenfalls tun, wenn dadurch anderen geholfen wird. Bete nie für deine egoistischen Ziele. Die Leute vergeuden viel Zeit damit, das zu tun, aber es funktioniert nicht. Du kannst leicht sehen, warum.

Wenn es die Umstände erlauben, bitte deine Frau oder einen Freund, sich zur morgendlichen Meditation mit dir zusammenzutun. Wenn du zu einer Religionsgemeinschaft gehörst, die eine festgelegte Morgenandacht kennt, dann nimm auf jeden Fall daran teil. Wenn du nicht Mitglied einer religiösen Körperschaft bist, solltest du einige passende Gebete wählen und auswendig lernen [memorize]. Dafür gibt es viele hilfreiche Bücher. Wenn du keine kennst, dann frag einen Priester, Pfarrer oder Rabbiner um Rat. Sei schnell dabei, wenn es darum geht zu erkennen, wo religiöse Menschen richtig liegen. Mach' Gebrauch von dem, was sie zu bieten haben.

Wenn du tagsüber in Streß oder in Zweifel gerätst, leg eine Pause ein. Sei still und bete um richtiges Denken und Handeln. Es wird kommen. Erinnere dich, daß nicht mehr du die Show ausrichtest. Sage demütig und öfters am Tag: "Dein Wille geschehe!" Dann bist du viel weniger den Gefahren von Aufregung, Furcht, Wut, Sorge, Selbstmitleid oder törichten Entscheidungen ausgesetzt. So wirst du wesentlich leistungsfähiger [efficient]. Du ermüdest nicht so schnell, denn du verpulverst deine Energien nicht mehr so leichtsinnig [foolishly] wie früher, als du das Leben noch so arrangieren wolltest, wie es deinem Ego gerade paßte.

Es wirkt - das tut es wirklich. Probier's aus!

Wir Alkoholiker sind undiszipliniert. Also laß dich von Gott disziplinieren, in der einfachen Weise, die wir gerade beschrieben haben.

Aber das ist noch nicht alles. Aktion ist vonnöten und noch mehr Aktion. [There is action and more action.] "Der Glaube ohne Taten ist tot." Was für Taten? [What works?] Wir werden sie im nächsten Kapitel behandeln, das ganz dem Zwölften Schritt gewidmet ist.

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Stand: 27. Juni 1997